Vortrag zum Thema „Pubertät“

Elternabend mit Vortrag zum Thema „Pubertät“

„Wenn Sie mit Ihrem Kind streiten, ist alles normal.“

Am Montag, 17.10.2022, referierte Frau E. Lutz, Diplom-Psychologin an der Erziehungs-, Jugend- und Familienberatungsstelle der Diakonie für den Landkreis Fürth, in einem voll besetzten Mehrzweckraum darüber, welche „Umbaumaßnahmen“, also welche Veränderungen im Zeitraum der Pubertät passieren. Wie können die Jugendlichen in dieser Zeit unterstützt werden und was können die Eltern für sich selbst tun, um für die Anforderungen, die in dieser Lebensphase an sie gestellt werden, gut ausgestattet zu sein, waren Inhalte des Abends.

Sowohl die körperlichen und hormonellen, aber auch die psychischen Veränderungen in der Phase der Pubertät sind verbunden mit großen Gefühlsschwankungen und der Frage „Was passiert mit mir?“ Die Zuhörer*innen erfuhren, dass das schlaffördernde Hormon Melatonin in der Pubertät zeitlich später ausgeschüttet wird und das frühe Ins-Bett-Gehen (und in der Folge das frühe Aufstehen) nicht mehr so klappt wie bisher. Durch die Veränderungen im Gehirn, die erst jenseits des 20. Lebensjahres abgeschlossen sind, sind die Regionen für planvolles und strukturiertes Denken längere Zeit mindestens durch die „Baustellenarbeiten“ deutlich beeinträchtigt.

Diese Informationen führten zu Verständnis für die Pubertierenden, denn „die machen das nicht böswillig“.

Dass der eigene Sohn die Straßenseite wechselt, ist eine der Erfahrung dieser Zeit, die man als betroffenes Elternteil erst einmal verdauen muss. Diese Situation beschreibt auch die notwendige Ablösung von den Eltern, die durch die Auseinandersetzung mit eigenen Ideen und Vorstellungen passiert. Die Suche nach Antworten auf die Frage „Wer bin ich und wer will ich sein?“ führt in dieser „starken Sturm- und Drangzeit“ z. B. auch zu unentdeckten Talenten durch ein neues Hobby und zu intensiven Gesprächen, Diskussionen und Auseinandersetzungen. „Wenn Sie mit Ihrem Kind streiten, ist alles normal, das gehört zu Entwicklung.“, entlastete Frau Lutz die Eltern. „Genießen Sie auch diese Zeit! Zeigen Sie Interesse an dem, was Ihre Tochter bzw. Ihren Sohn interessiert und lassen Sie sich das PC-Spiel erklären, mit dem Ihr Kind viel Zeit verbringt oder finden Sie einen Kinofilm, den Sie sich nach langer Zeit mal wieder gemeinsam anschauen. So bleiben Sie mit Ihrer Tochter oder Ihrem Sohn in Kontakt, denn das einzig Stetige ist die Veränderung. Der Halt durch die Eltern ist wichtig.“ Die Haltung, dass Beziehung vor Erziehung kommt, wurde den Zuhörer*innen nahe gelegt. Akzeptanz, Halt, Ermutigung, feste Bezugspersonen (auch Trainer oder Lehrkräfte), produktive Auseinandersetzung, Erfolgs- und Selbstwirksamkeitserlebnisse sind wichtige Begleiter in dieser Zeit. Denn Sicherheit bekommen die Jugendlichen durch Beziehung und Bindung.

Frau Lutz ermutigte die Zuhörer*innen, den Balanceakt zwischen Regeln und Freiraum durch gemeinsames Aushandeln immer wieder neu zu erproben: „Gehen Sie darauf ein, wenn Ihr Kind z. B. abends eine Stunde länger wegbleiben will. Besprechen Sie aber im Vorfeld, welche Konsequenz erfolgen wird, wenn es später als zur vereinbarten Zeit heim kommt.“

Eine gelassene Sichtweise, dass manches auch nur eine Phase ist, kann helfen, auf Situationen neu und unerwartet zu reagieren. Die Referentin warb für einen lockeren Spruch auch in der ein oder anderen nicht ganz so einfachen Situation und sprach den Zuhörer*innen Mut dafür zu. Und wenn dennoch Kritik angebracht ist: „Dann achten Sie darauf, dass sich diese auf das Verhalten, nicht auf den gesamten Menschen bezieht.“ Die „gewaltfreie Kommunikation“, anders gesagt, die Kommunikation auf Augenhöhe, nach Marhall B. Rosenberg stellte sie als eine Möglichkeit dafür vor.

Eine deutliche Botschaft des Vortrages ging die Eltern direkt: „Den Kindern geht es so gut, wie es  Ihnen geht.“ Es gilt jetzt also herauszufinden, was einem selbst gut tut und wie bzw. wodurch man Kraft schöpfen kann. Der Austausch mit anderen Eltern hilft sicherlich vielen dabei. Auch bei der Beantwortung der Frage, was diese Veränderung der Familiensituation durch die Pubertät des Kindes für einen selbst bedeutet.

Zusammengefasst gab Frau Lutz den 120 aufmerksamen Zuhörer*innen Folgendes mit:

  • Bewahren Sie Ruhe und bleiben Sie gelassen!
  • Beziehen Sie das Verhalten des Jugendlichen nicht unbedingt auf sich selbst!
  • Verwenden Sie wertschätzende Kommunikation durch Ich-Botschafen, zielführende Kritik und aktives Zuhören!
  • Achten Sie auf Ihre eigenen Grenzen!
  • Treffen Sie Vereinbarungen und holen so Ihre Tochter bzw. Ihren Sohn mit ins Boot!

Am Ende des einstündigen Vortrages ging die Referentin ausführlich auf alle Nachfragen des Publikums ein und nahm deren Sorgen ernst, beispielsweise zum Medienkonsum, zum Thema Selbstverletzung oder zu Essstörungen.

Viele dieser Fragen lassen sich für die ganz persönliche Familiensituation in einer individuellen Beratung beantworten, in der sich die Jugendlichen selbst telefonisch, per SMS oder auch über den Messenger Signal direkt an die Beratungsstelle wenden können. Aber auch die Eltern können dieses freiwillige und kostenfreie Beratungsangebot nutzen. Für dieses und weitere Beratungsangebote lagen Flyer aus. Auch am Büchertisch blätterten noch einige Zuhörer*innen im Anschluss an den Vortrag durch weiterführende Literatur zum Thema.

Abschließend standen sowohl Frau Lutz, als auch die Schulpsychologinnen des DBGs, Frau Herzog und Frau Velt-Rösner, für individuelle Fragen zur Verfügung.

Der Elternabend und die Einladung der Referentin wurden initiiert und organisiert von unserer Schulpsychologin Katharina Velt-Rösner, von der auch dieser Bericht stammt.